KAG LSA | Stirnlampen statt Straßenlaternen? - Ideen zur Kosteneinsparung aus Hettstedt / Sachsen-Anhalt

( k-info | SACHSEN-ANHALT | 19.12.2013 )  -  "Radio Brocken" vermeldete es als erstes Medium, aber nun skandiert bereits die BILD-Zeitung in großen Lettern: "Wir sollen Stirnlampen tragen ... weil unser Bürgermeister bei der Straßenbeleuchtung sparen will." - Was ist geschehen? Was ist da los?

Stirnlampen auf dem Kopf der Einwohner - statt neue Laternen am Straßenrand? Das erscheint zuerst als eine groteske Idee. Aber genau diese Eingebung hatte Danny Kavalier, Bürgermeister der Stadt Hettstedt in Sachsen-Anhalt im südlichen Harz-Vorland (= 14.800 Einwohner), und er tat sie seinen Bürgern kund. Zwar soll dies dort nicht flächendeckend passieren, aber zumindest in vorerst zwei öffentlichen Straßen sollen dort die Straßenlampen abgeschalt werden und zwar - wie könnte es andes sein - um Geld zu sparen.

Während die betroffenen Bürger im neuen "Dunkel" Straftaten befürchten rät Kavalier den betroffenen Anwohnern und Garagenpächtern, nächtens mobile Lampen mitzuführen. Und den Worten folgten auch schon Taten, denn einige Lichtmasten in der "Fichtestraße" in Hettstedt zieren seit Kurzem dicke rote Sicherheitsstreifen, damit man sie im Lichte der Stirn- oder Taschenlampen nicht übersehen werden. Zugleich kennzeichnen die Streifen, welche Straßenlaternen von der Stadt Hettstedt abgeschaltet wurden.

"Es ist eine Zumutung. Man kann mit den Pächtern nicht alles machen", ereifert sich etwa Erwin Tange, der eine Garage von der Stadt gepachtet hat, in der "Mitteldeutschen Zeitung". Auch er befürchtet, dass sich "in Ganovenkreisen" herumsprechen werde, dass in seiner Straße nun über 60 Garagen unbeleuchtet sind Tange ist erzürnt. "Ich bin Pächter von Grund und Boden der Stadt und die hat für Ordnung und Sicherheit zu sorgen", meint er und fügt an, "das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung" sei ein hohes Gut, mit dem verantwortungsvoll umgegangen werden müsse. - Dies seint eine der Kernfragen in Hettstedt (und natürlich auch anderswo im Land) zu sein: Was ist "ein hohes Gut" bzw. gibt es da vielleicht Gewichtungen?

Übrigens will/muss die Stadt Hettstedt nicht nur in der "Fichtestraße" sparen sondern auch die Beleuchtung der Gewerbegebiete steht im Fokus. "Wir haben Gewerbegebiete, die sind besser beleuchtet als der Leipziger Flughafen", berichtete Bürgermeister Kavalier in einer Hauptausschusssitzung. Dort wolle die Stadt allerdings nicht abschalten sonder in Art "Dimmung" investieren. Wie oft in solchen Fällen formiert sich nun sogar evt. eine Bürgerintiative gegen die Spar-Pläne und deren möglicher Chef Erwin Tange hat dem Stadtoberhaupt sogar schon einen Gegenvorschlag zur Beleuchtungssituation in der "Fichtestraße" gemacht. Die Antwort indes war ernüchternd für ihn, denn sein Vorschlag, zwei andere Lampen unweit des Komplexes abzuschalten und dafür die, die Straßenlaternen, welche die Garagen beleuchten, wieder anzuschalten, wurde abgelehnt.

Besonders geärgert hat Tange eine Passage in Kavaliers Antwortschreiben, die in dre "Mitteldeutschen Zeitung" zitiert wird. Es geht darum, dass "Straßenbeleuchtung Straßen beleuchten soll und keine Garagen" und dass "erwartet werden (kann), dass sich die Garagenpächter (...) entsprechend ausrüsten, gegebenenfalls eine Stirn- oder Handlampe bei sich führen." Danny Kavalier, von Hause aus Jurist, bestätigte der "Mitteldeutschen Zeitung", dass es inzwischen bereits mehrere Beschwerden von Bürgern gegen seine Sparmaßnahmen gebe, jedoch seien seine Antwortbriefe "ehrlich und schonungslos". Der Bürgermeister weiter: "Es besteht keine gesetzlich vorgegebene Beleuchtungspflicht für Kommunen in Sachsen-Anhalt". Weshalb aber die Idee mit den Stirnlampem? Selbst bei der schmerzlichsten Körperverletzung habe sich die Kommune nichts vorzuwerfen, wird der Jurist zitiert. Kavalier: "Wenn der Bürger weiß, dass er sich an eine Gefahrenstelle begibt, muss er mit einer Kopflampe oder Ähnlichem agieren."


Was man in Hettstedt getan habe, sei zudem, dass man unter anderem mit Feuerwehr, Ärzten und Zustellern die Gebiete im Dunkeln abgegangen und hierbei die Beleuchtung geprüft habe, so der Bürgermeister. Die Bürger betrübt, dass man sie hierbei nicht mitgenommen hat und auch ein Satz von Kavallier, den er in einem MDR-Bericht sagte. "In vielen Bereichen schmeißen wir das Geld mit vollen Händen raus. Und das ist so ein Bereich", stellte er klar. Ein kurioses Eingeständnis der Geldverschwendung, wie man es nur selten hört und auch eine Möglichkeit, wie man mit seinen Bürgern umgehen kann.

Gleichwohl stimmt es jedoch, dass es keinen Anspruch auf Beleuchtung öffentlicher Straßen gibt. Und über die mögliche Reaktion von betroffenen Anliegern auf eine grundhafte Erneuerung der Straßenbeleuchtung in Hettstedts "Fichtestraße" und den Gewerbegebieten sowie die dann folgende Veranlagung der Grundstückseigentümer zu Straßenausbaubeiträgen, welche nach der Satzung der Stadt Hettstedt bei 70 % liegt, ist nichts bekannt. Bisher.

THÜRKAG | Die Reform des Kommunalabgabengesetzes ist rechtens ... aber ist sie auch sinnvoll? (Teil 4)

( k-info | THÜRINGEN | 10.12.2013 )  -  Von vielen Bürgern gefordert, hat sie das Kabinett in Erfurt vor Kurzem beschlossen: die Reform des Thüringer Kommunalabgabengesetzes / ThürKAG. Diese Reform ist voll und ganz gesetzeskonform und damit rechtens. Aber macht das, was die Thüringer Landesregierung sich augedacht hat auch Sinn? Oder hätte man ganz andere Dinge im ThürKAG ändern müssen? [Fortsetzung von TEIL 1 sowie TEIL 2 und TEIL 3]

Für die Bestimmung der Ausschlussfrist nach dem Rechtsstaatsprinzip findet man in der deutschen Rechtsordnung eine (sozusagen als absolute "Obergrenze" manifestierte) Frist von 30 Jahren. Nach § 195 BGB betrug - bis zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches im Jahre 2002 - sogar die Regelverjährungsfrist 30 Jahre. Und selbst nach der erwähnten Änderung des BGB sind in den §§ 197 und 199 "30 Jahre" weiterhin als Verjährungshöchstfrist festgeschrieben. Vor einem solchen Hintergrund wäre eine Entscheidung des Thüringer Gestzgebers für eine solche Frist schwerlich dem Verdacht einer Willkür ausgesetzt.

In Bayern ist man zwar einen anderen Weg gegangen, hat dort jedoch im Vorschlag zum Gesetzentwurf der Änderung des KAG, die hier vorgesehenen 20 Jahre ausführlich und sorgfältig begründet, was eine Grundvoraussetzung für ein Verhindern des Willkürvorwurfs darstellt (vgl. Gesetzentwurf mit Stand vom 04.11.2013, S. 26 ff.). Vergleichbares sucht man in Thüringen vergeblich, weshalb zu befürchten ist, dass der in Erfurt bislang gewählte Weg - bei einem vergleichbaren Eintritt der Vorteilslage hier wie dort - völlig unzureichend ist, die gewählte Frist von acht Jahren zu begründen. Vor allem dürfte sich dies unter Beachtung der Vorgaben des OVG Münster so darstellen.

Gerichtsfeste Fristen sind aber unverzichtbar, um Rechtssicherheit zu erreichen, weshalb die für Thüringen vorgesehene Änderung des KAG zumindest in diesem Punkt dringend nachgebessert werden muss. Auch auf die Gefahr hin, dass eine nachträgliche Abkehr von der Formulierung "acht Jahre" zu Protesten bei den Betrroffenen führt.

[Fortsetzung folgt]

THÜRKAG | Die Reform des Kommunalabgabengesetzes ist rechtens ... aber ist sie auch sinnvoll? (Teil 3)

( k-info | THÜRINGEN | 29.11.2013 )  -  Von vielen Bürgern gefordert, hat sie das Kabinett in Erfurt vor Kurzem beschlossen: die Reform des Thüringer Kommunalabgabengesetzes / ThürKAG. Diese Reform ist voll und ganz gesetzeskonform und damit rechtens. Aber macht das, was die Thüringer Landesregierung sich augedacht hat auch Sinn? Oder hätte man ganz andere Dinge im ThürKAG ändern müssen? [Fortsetzung von TEIL 1 und TEIL 2] 

Theorie ist die eine Sache und Wirklichkeit die andere, was zur Frage führt: Was will die Thüringer Landesregierung im Jahre 2014 nun konkret neu regeln und was könnte sie hierbei besser machen? Grundlage der geplanten Änderung der ThürKAG ist ja die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013, die sich u. a. mit sog. "Ausschlussfristen" befasst. "Ausschlussfristen" sollen (ähnlich wie anderswo der Grundsatz von "Treu und Glauben") festlegen, ab wann sich ein Bürger darauf verlassen können muss, dass die - im hier zur Rede stehenen Fall - zu einer Beitragserhung grundsätzlich verpflichtete Behörde hiervon absieht oder dauerhaft hiervon abgesehen hat.

Wobei erst einmal festzustellen wäre, dass die im Rechtsstaatsprinzip verankerte äußerste (Zumutbarkeits-)Frist niemals als eine "Höchstverjährungsfrist" oder "Höchstfestsetzungsfrist" anzusehen ist. Dies ist ohne Zweifel so, da der Beginn des Laufs einer Festsetzungfrist (und zwar im Sinne der §§ 169 ff. AO) immer mit der Entstehung einer Abgabenpflicht einhergeht und, da - in der vorliegenden Konstellation - nichts entstanden ist oder war, somit auch keine Festsetzungsverjährung zur Rede steht. In der Sache handelt es sich also vielmehr um eine Ausschlussfrist, wobei im Gesetzentwurf - so der Stand gem. Drucksache LT 5/6711 - von acht bzw. zwölf Jahren die Rede ist (siehe unten!).

Eine solche Ausschlussfrist könnte der Landesgesetzgeber (als eine Frist, die ohne das Entstandensein einer persönlichen Abgabenpflicht im Raum steht) beispielsweise durch einen, den Normen über die Anwendung des ThürKAG angehängten oder sogar in das KAG eingefügten, Satz einführen, der beinhalten sollte, dass eine Abgabenerhebung ausgeschlossen wird, die "spätestens ... Jahre nach Ablauf des Jahres ausgeschlossen ist, in dem die durch die Erfüllung des Abgabentatbestands begründete Vorteilslage eintrat" - und zwar ausdrücklich unanhängig vom Entstehen einer Abgabenpflicht.

Eine entsprechend ähnliche Formulierung hat die Bayerische Staatsregierung in ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des eigenen KAGs vom 04.11.2013 auf Seite 7 aufgenommen. Thüringen dagegen beschränkt sich bisher - ebenfalls mit Stand gem. Drucksache LT 5/6711 - auf eine "Light"-Version für Satzungskonstellationen. Aber: Welcher Zeitraum zwischen dem Eintritt der Vorteilslage und einer Abgabenerhebung ist nach dem Rechtsstaatsprinzip überhaupt noch tolerabel? Gibt es hier eine Toleranzgrenze? - Diese hängt ganz entscheidend davon ab, welches Datum der Thüringer Gesetzgeber sich als Ausschlussfrist gesetzt hat.

Auszüge aus dem "Entwurf zur Änderung des ThürKAG / Artikel 1"

"2.) § 15 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b wird wie folgt geändert: a) Dem Doppelbuchstaben bb Spiegelstrich 2 werden folgende Worte angefügt:

"in Abweichung von der Festsetzungsfrist von vier Jahren beträgt die Festsetzungsfrist für die Fälle der rückwirkenden Ersetzung einer ungültigen Satzung durch eine gültige Satzung zwölf Jahre.

b) Doppelbuchstabe cc wird wie folgt geändert: aa) In Spiegelstrich 1 wird das Wort "und" durch ein Komma ersetzt. bb) Nach Spiegelstrich 1 werden folgende neue Spiegelstriche eingefügt:

"- dass bei rückwirkender Ersetzung einer ungültigen Satzung durch eine gültige Satzung die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginnt, in dem die Abgabenschuld nach Maßgabe der ungültigen Satzung entstanden wäre,

- dass bei Ersetzung einer ungültigen Satzung für die Erhebung von Beiträgen durch eine gültige Satzung mit Wirkung für die Zukunft die Festsetzungsfrist mit Ablauf des achten Kalenderjahres beginnt, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Beitragsschuld nach Maßgabe der ungültigen Satzung entstanden wäre,"

[Fortsetzung folgt]

STRASSENSCHÄDEN | Bei Schäden an Autos aufgrund von Schlaglöchern muss die Kommune zahlen

( k-info | 01.11.2013 )  -  Das Landgericht Magdeburg hat heute auf ein Urteil verwiesen (Az: OLG Naumburg 10 U 12/13), das vor allem kleinen Gemeinden noch teuer zu stehen kommen könnte.

Die Gemeinde Huy bei Halberstadt (Sachsen-Anhalt) muss, nachdem das Oberlandesgericht Naumburg in dieser Woche eine Berufung der Gemeinde verworfen hatte, einem Autofahrer knapp 1.000 Euro Schadensersatz zahlen.

Damit wurde rechtskräftig entschieden, dass Kommunen auch kleinere Straßen in Schuss halten und andernfalls möglicherweise für Schäden an Fahrzeugen haften müssen.

 Der Kläger war im März 2011 in der Ortslage langsam über eine kleine, gepflasterte Straße gefahren. Trotz seiner Vorsicht riss er sich an seinem Wagen wegen eines tiefen Schlaglochs die Ölwanne auf. Der Schaden am Fahrzeug: knapp 1.000 Euro.

Eine öffentliche Straße müsse zumindest mit Schrittgeschwindigkeit gefahrlos benutzt werden können, sagte Gerichtssprecher Christian Löffler gegenüber dem Nachrichtenmagazin SPIEGEL. Das gelte jedenfalls für serienmäßige Autos, die nicht bewusst tiefer gelegt worden seien. "Die Straße muss sich dann in so einem Zustand befinden, dass der Pkw nicht aufsetzt und beschädigt wird", wird er vom Nachrichtenmagazin zitiert.

Zwar hätten Anwohner von dem Defekt der kleinen Straße gewusst, so legte es die Gemeinde vor Gericht dar (sie waren deshalb immer mit einem Rad über den Bürgersteig gefahren), dies könne jedoch von einem Besucher der Gemeinde Huy nicht verlangt werden, entschieden die Richter.

Kommentar zum Thema:

Momentan ist die Infrastruktur in vielen deutschen Kommunen in schlechtem Zustand. Viele Gemeinden sind überschuldet und können nicht mehr ausreichend in den Erhalt ihres Straßennetzes investieren; gleiches gilt für Brücken und andere technische Bauwerke. Nach einer Berechnung der staatliche Förderbank "kfw" beziffert diese den Investitionsstau der Städte und Gemeinden in diesem Bereich auf 100 Milliarden Euro. 

Nimmt man auch die Straßen in Lastträgerschaft des Bundes und der Länder hinzu, dann verzehnfacht sich diese Zahl sogar, denn seit Ende der 1990er Jaher betrachtet sieht z.B. das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung / DIW eine Investitionslücke von jährlich drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts, woraus sich nach Angaben des DIW in allen öffentlichen Straßen ein Erneuerungsbedarf von derzeit rund einer Billion Euro aufgestaut hat.

THÜRKAG | Die Reform des Kommunalabgabengesetzes ist rechtens ... aber ist sie auch sinnvoll? (Teil 2)

( k-info | THÜRINGEN | 16.10.2013 )  -  Von vielen Bürgern gefordert, hat sie das Kabinett in Erfurt vor Kurzem beschlossen: die Reform des Thüringer Kommunalabgabengesetzes / ThürKAG. Diese Reform ist voll und ganz gesetzeskonform und damit rechtens. Aber macht das, was die Thüringer Landesregierung sich augedacht hat auch Sinn? Oder hätte man ganz andere Dinge im ThürKAG ändern müssen? [Fortsetzung von TEIL 1]

Nicht erst seit heute stellt sich die Frage: Wie könnte eine "gute" Gesetzesänderung des ThürKAG aussehen? Eine Änderung, die gerecht ist gegenüber den Thüringern, die seit 1991 ihre Beiträge gezahlt haben aber auch auf die Zukunft ausgerichtet. Eine Änderung, die endlich einmal die Interessen des Beitragszahlers in den Vordergrund stellt und gleichzeitig Formen des staatlichen Zwangs reduziert, sozial verträglich ist. 

Vier wichtigen Prinzipien müsste eine solche Reform folgen:

a) der Basis von Vernunft und Nutzen einer Straßenerneuerung,

b) der Beschränkung der politischen Macht der Landesregierung und der beitragserhebenden Kommunen und gleichzeitig

c) der Stärkung der Rechte von Grundstückseigentümern unter gleichzeitiger und völliger Transparenz der veranlagenden Kommunen bei der Beitragserhebung,

d) die soziale Verträglichkeit der Beitragserhebung unter dem Gesichtspunkt des persönlichen Grundeigentums.

Dies sollten die politischen Kernpunkte einer bürgerfreundlichen Änderung des ThürKAG sein.

Im Einzelnen

Die Kostenbeteiligung der Bürger an der Herstellung ihrer Straßen abzuschaffen, dass ist nahezu ausgeschlossen, egal was immer Politiker oder Bürgerinitiativen erklären. Selbst die Initiatoren des gescheiterten "Volksbegehrens für gerechte Kommunalabgaben" sahen ja keine grundsätzliche Abschaffung der finanziellen Belastung vor. Ihr Vorschlag ging u. a. in die Richtung, die dann fehlenden Einnahmen der Kommunen durch eine (steuerähnliche) Infrastrukturabgabe vom Kreis der Grundstückseigentümer auf den der Mieter zu verlagern.

Also bleibt nur die bürgerfreundliche Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes und hierzu bieten sich einige der beitragsrechtlichen Paragraphen des ThürKAG geradezu an. Bereits in den § 7 und 7 a finden sich verbesserungswürdige Formulierungen, die später näher erläutert werden. Aber vor allem der § 7 b zur Stundung von einmaligen Beiträgen hat Verbesserungspotential hinsichtlich der sozialen Verträglichkeit. Wenn der Landesregierung wirklich an einer solchen gelegen ist, dann sollte sie in Absatz 1 des § 7 b die, nicht an Härtefälle gebundene, 5-Jahres-Regelung durch eine ebensolche 10-Jahres-Regelung ersetzen; eine Dekade sollte für viele Grundstückseigentümer ausreichen, ihre Beitragslast finanziell verträglich abzufedern. Liegt ein Härtefall vor, so besitzt der Freistaat mit § 7 b Abs. 2 ThürKAG bereits die Möglichkeit, die Beitragslast auf maximal zwei Jahrzehnte zu strecken - eine Regelung mit der Thüringen einst weiter ging als alle anderen Bundesländer und die auch zukünftig unangetastet bleiben muss.

Es ist aber vor allem der § 13 (Informationspflichten), der erhebliches Verbesserungspotential besitzt und zwar nicht zuletzt, weil hier die Rechte der Grundstückseigentümer verankert sind. Die hier bisher verankerten Pflichten der Kommunen sind aber nach wie vor sog. "sanktionslose Obliegenheiten", ziehen daher bei einer Nicht-Beachtung oder Verletzung kaum Konsequenzen für die Gemeinden mit sich. Das kann so nicht bleiben.

Alleine die Reduzierung einer, für den Bürger aus § 13 deutlich herauslesbaren, "Pflicht" der Kommune auf eine "Obliegenheit" - sprich: ein Gebot - ist eine Schwächung der essentiellen Rechte derer, die die Beitragslast aus ihrem Privatvermögen zu tragen haben. Oder anders ausgedrückt: Dass die Verletzung von Informationspflichten in Thüringen regelmäßig "sanktionslos" bleibt, also keinerlei Rechtsfolgen im Hinblick auf eine Beitragszahlung nach sich zieht, öffnet den Städten und Gemeinden latent die Tür für eine gezielte Nicht-Information ihrer Bürger. Das muss sich dringend ändern: Echte Transparenz muss her.

[Fortsetzung folgt]

VORKAUFSRECHT | Wenn die Kommune Teile von Grundstücken braucht, hierfür aber nicht viel zahlen will

( k-info | 15.10.2013 )  -  Im Thüringischen Zöllnitz kämpft Familie Sch. derzeit um eine angemessene Bezahlung eines Randstreifens, für den die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht in Anspruch genommen hatte. Streitpunkt: Die Höhe der Entschädigung für die Wegnahme eines Teils des Grundeigentums.

Dass das strittige Grundstück nur acht Quadratmeter groß ist, ändert nichts an den Befindlichkeiten, die Familie Sch. gegenüber der Gemeinde hat. Zwar stehen, wie die Lokalzeitung schreibt, auf dem betreffenden Streifen Grundstück nur Mülltonnen, mehr Nutzung geht eigentlich nicht auf dem 1,50 Meter breiten und etwa fünf Meter langen Grünstreifen, aber es geht ums Prinzip.

Gut 20 Jahre nach der Erschließung eines angrenzenden Wohngebietes brauchte die Gemeinde Zöllnitz dieser Streifen nun dringend und setzte dies per Vorkaufsrecht durch. Eine Entschädigung wurde angeboten, doch das "Filetstück", wie Herr Sch. seinen Randstreifen bezeichnet,  will die Familie nicht unter 3.000 Euro abgeben. So viel sollten die neuen Eigentümer des Hauses usprünglich für das separat ausgewiesene Grundstück zahlen und ebenso viel fordert die Familie nun von der Kommune.

Man ahnt: da liegt noch viel mehr in der Luft. So ärgert es Herrn Sch. dass es monatelange Verzögerungen bei der Bewilligung des Hausverkaufs durch die Gemeinde gab, eben wegen des "Filetstücks". Außerdem habe die Kommunalaufsicht beim Landratsamt des Saale-Holzland-Kreises angeregt, dass sich die Gemeinde Zöllnitz und die Familie wegen des Kaufpreises doch gütlich einigen sollten und sah das Kaufpreisangebot von 240 Euro als überarbeitungswert an, weil Familie Sch. und andere Grundstückseigentümer seinerzeit 100 Mark pro Quadratmeter bezahlen mussten; da seien 30 Euro heute zu gering, meinte die Kommunalaufsicht. Und doch kam keine Bewegung in die Sache.

Die Zöllnitzer Bürgermeisterin weiß um die Problematik will aber, wie sie der Lokalzeitung sagte, vom gemeindlichen Standpunkt nicht abweichen. Sicherlich, so sagte sie, hätte Zöllnitz schon vor gut zwanzig Jahren bei der Vermarktung des Wohngebietes wegen des Weges reagieren können. Das sei aber damals einfach "durchgerutscht", wie sie einräumtr. Nun, aufgrund des Grundstücksverkaufs durch Familie Sch., habe sich aber eine neue Gelegenheit ergeben, die Fläche zu erwerben.

Aktuell liegt die Sache beim zuständigen Verwaltungsgericht in Gera. Und das wird sich auch der Frage widmen müssen, weshalb die Randfläche überhaupt wichtig für die Gemeinde ist. Das "Filetstück" sei einst Bestandteil eines landwirtschaftlichen Weges gewesen, sagte die Bürgermeisteriun der Zeitung, den man mittel- und langfristig als solchen wieder herstellen möchte. Und weil ein Anfang gemacht werden müsse, sei nun das Vorkaufsrecht wahrgenommen worden. Wie lange Zöllnitz noch brauchen wird, um alle restlichen Grundstücke wieder in ihren Besitz zu bekommen, denn dann erst kann der Weg wieder hergestellt werden, ist völlig offen.

Herr Sch. hat dagegen eine ganz andere Idee. Er könne ja, so wird er in der Presse zitiert, notfalls den Kaufvertrag anullieren lassen. Damit wäre auch das Vorkaufsrecht von Zöllnitz wieder vom Tisch.

THÜRKAG | Die Reform des Kommunalabgabengesetzes ist rechtens ... aber ist sie auch sinnvoll? (Teil 1)

( k-info | THÜRINGEN | 12.10.2013 )  -  Von vielen Bürgern gefordert, hat sie das Kabinett in Erfurt vor Kurzem beschlossen: die Reform des Thüringer Kommunalabgabengesetzes / ThürKAG. Entgegen der Meinung des DIE LINKE-Betragsexperten Frank Kuschel ist sie voll und ganz gesetzeskonform und damit rechtens. Aber macht das, was die Thüringer Landesregierung sich augedacht hat auch Sinn? Oder hätte man ganz andere Dinge im ThürKAG ändern müssen?

Kommunale Straßen(bau)beitragssatzungen, die sich als rechtswidrig erwiesen haben, sollen nach dem Willen des Innenministeriums künftig 12 Jahre rückwirkend durch eine gültige Satzung ersetzt werden - dies allerdings erst ab dem Jahre 2021. Bis dahin soll eine Übergangsregelung gelten, wonach Satzungen bis zu 30 Jahre rückwirkend ersetzt werden können, was mit dem In-Kraft-Treten des ThürKAG im August 1991 zusammenhängt.

Diese Vorgehensweise schaffe, so Kuschel, ein Gesetz mit (Zitat) "Winkelzügen", bei dem ein "wesentlicher Grundsatz des Rechtsstaates - das Rückwirkungsverbot - de facto außer Kraft gesetzt" werden solle.  Aber da irrt  der LINKE-Politiker. Das von ihm zitierte "Rückwirkungsverbot" begründet sich auf Artikel 20 Absätze 1 und 3 des Grundgesetzes / GG. Hiernach muss der Bürger auf Gesetze vertrauen können, muss sich auf sie einstellen können. Es gilt der Grunsatz: Wer von einem Gesetz betroffen ist, muss auf die Geltung der Vorschrift vertrauen können.

Genau das ist im Thüringer Beitragsercht der Fall. Anfang August 1991 - vor reichlich 22 Jahren also - trat das ThürKAG in Kraft und damit entstand grundsätzlich die Pflicht von grundstückseigentümern, sich an den Kosten der Herstellung, Erneuerung, Erweiterung und Verbesserung "ihrer" öffentlichen Straße/n fianziell zu beteiligen. Dass seither viele Gemeinden, wie z. B. Bruchstedt (Unstrut-Hainich-Kreis), hierfür keine Ortssatzung erlassen haben, bedeutet heute nicht, dass deren Grundstückseigentümer aus der Pflicht zur Entrichtung eines Beitrags ausgenommen worden wären.

Wenn sie nun für die Herstellung, Erneuerung, Erweiterung oder Verbesserung "ihrer" öffentlichen Straße/n zur Kasse gebeten werden, solche Arbeiten aber schon ein oder zwei Jahrzehnte zurück liegen, ist dies trotzdem rechtens. Die jahrelang nicht erlassene Satzung zur Beitragserhebung schaffe nämlich im Sinne des Artikel 20 GG eben kein "Rückwirkungsverbot" sondern allenfalls einen Zahlungsaufschub. Auch Frank Kuschel weiß das, schlägt mit der Landtagsfraktion DIE LINKE sogar vor, die Rückwirkung auf vier Jahre zu begrenzen.

Auch das gerne vorgebrachte Argument gegen eine Nacherhebung "Da ist schon der Verwaltungsaufwand höher als die Summe, die letzten Endes in die Gemeindekasse gespült wird" (Zitat ebenfalls von Frank Kuschel) greift nicht, denn dies wäre nun tatsächlich ein Verstoß gegen das Grundgesetz und zwar gegen Artikel 3, den Gleichheitsgrundsatz.

Aber - und die Frage stellt sich unabhängig von der jetzt geplanten Gesetzesänderung oder den politisch motivierten Fehlinformationen der Partei DIE LINKE - wie könnte eine "gute" Gesetzesänderung des ThürKAG aussehen? Eine Änderung, die gerecht ist gegenüber den Thüringern, die seit 1991 ihre Beiträge gezahlt haben aber auch auf die Zukunft ausgerichtet. Eine Änderung, die endlich einmal die Interessen des Beitragszahlers in den Vordergrund stellt und gleichzeitig Formen des staatlichen Zwangs reduziert, sozial verträglich ist. Vier wichtigen Prinzipien müsste eine solche Reform folgen:

a) der Basis von Vernunft und Nutzen einer Straßenerneuerung,

b) der Beschränkung der politischen Macht der Landesregierung und der beitragserhebenden Kommunen

und gleichzeitig c) der Stärkung der Rechte von Grundstückseigentümern unter gleichzeitiger und völliger Transparenz der veranlagenden Kommunen bei der Beitragserhebung,

d) die soziale Verträglichkeit der Beitragserhebung unter dem Gesichtspunkt des persönlichen Grundeigentums.

THÜRKAG | Thüringer Kabinett beschließt Reform des Kommunalabgabengesetzes

( k-info | THÜRINGEN | 09.10.2013 )  -  Von vielen Bürgern gefordert, hat sie das Kabinett in Erfurt gestern beschlossen: die Reform des Thüringer Kommunalabgabengesetzes.

Satzungen von Städten und Gemeinden, die sich als rechtswidrig erwiesen haben, sollen nach dem Gesetzentwurf des Innenministeriums künftig nur noch 12 Jahre rückwirkend durch eine gültige Satzung ersetzt werden können. Bis 2021 soll eine Übergangsregelung gelten, wonach Satzungen bis zu 30 Jahre rückwirkend ersetzt werden können. Der Gesetzentwurf wird nun dem Landtag zugeleitet.


Thüringens Innenminister Jörg Geibert begrüßte in einer Pressemeldung seines Ministeriums die Einigung im Kabinett. "Den Bürgern wird mit der geplanten Gesetzesänderung deutlich mehr Rechtssicherheit gewährt. Die Menschen müssen Klarheit über mögliche finanzielle Belastungen haben", erklärte der Minister. Die Bürger könnten künftig erkennen, wann sie nicht mehr rückwirkend zu Abgaben herangezogen werden dürfen. Die Neuregelung soll für alle Abgaben gleichermaßen gelten. Geibert betonte, dass die Übergangsfrist bis Ende 2021 den Bedürfnissen der Kommunen und den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspreche. Sie orientiere sich, ausgehend vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des Thüringer Kommunalabgabengesetzes am 10. August 1991, an der absoluten Verjährungsfrist von 30 Jahren.

Bislang können rechtswidrige Satzungen unbefristet durch neue Satzungen ersetzt werden. Die Bürger konnten somit noch nach Jahrzehnten zu Abgaben herangezogen werden. Eine inhaltsgleiche bayerische Regelung war vom Bundesverfassungsgericht gekippt worden. Das Thüringer Kommunalabgabengesetz enthält eine vergleichbare Regelung, die nun im Sinne des Richterspruches abgeändert werden soll.

Weiterhin sieht der Gesetzentwurf eine Änderung der Thüringer Kommunalordnung und des Thüringer Gesetzes über die kommunale Doppik vor. Damit erhalten Kommunen, deren finanzielle Situation angespannt ist, die Möglichkeit, wirtschaftliche Maßnahmen in einem Bereich, der die Energiewende unmittelbar betrifft, vorzunehmen. Die Kommunen können für energetische Sanierungs- und Unterhaltungsmaßnahmen Kredite aufnehmen. Die gesamtpolitische Bedeutung der Energiewende, die Begrenzung auf ein Zehntel des Verwaltungshaushaltes und die Befristung auf das Jahr 2016 lässt es zu, von dem Grundsatz, dass Kredite nur für Investitionen zulässig sind, abzuweichen. Von der Bestimmung können beispielsweise Maßnahmen umfasst sein, die die energetische Gebäudesanierung oder die Umrüstung von Straßenbeleuchtung auf LED-Leuchten betreffen.

Nur mit der Erweiterung des Genehmigungstatbestandes können viele Kommunen erst an der Energiewende mitarbeiten, erklärte das Ministerium heute. Diese Mitarbeit sei unerlässlich und bisher in Einzelfällen an notwendigen Regelungen gescheitert. Überdies bestehe für viele, gerade finanziell schwächere, Kommunen in Thüringen so die Möglichkeit einer Kreditfinanzierung von wirtschaftlich entlastenden Sanierungs- und Unterhaltungsmaßnahmen, die durch ihren positiven Haushaltseffekt zur Konsolidierung der Kommunen beitragen können.

B-PLAN | Darf eine Kommune die Farbe von Dachziegeln in einem Bebauungsplan festlegen?

( k-info | 01.10.2013 )  -  Für mehrere Bauherren in zwei Neubaugebieten der niedersächischen Stadt Pattensen bei Hannover (= rund 14.000 Einwohner) wurde der Traum vom Häuslein im Grünen zum Albtraum und das nur, weil ihre Dächer die falsche Farbe haben.

Mit dem Slogan "Bauplätze am Ortsrand mit traumhaftem Blick auf das Naturschutzgebiet" bewarb die Stadt Pattensen einst ihr Neubaugebiet im Ortsteil Hüpede. Inzwischen hat das gebiet sich entwickelt: dreizehn Eigenheime sind errichtet worden. Acht Familien haben ihre Dächer rot-braun eingedeckt, fünf Bauherren dagegen grau-schwarze Dachpfannen verbaut. Bei diesen dünf Häusern müssen in Kürze alle Pfannen wieder runter und das nur, weil der Bebauungsplan für das Neubaugebiet allein rot-braune Töne zulässt.

Hans Berger* (41), der sein Haus 2011 fertigstellte und mit Frau und Tocher bezog ist fassungslos. "Das kostet mich 20.000 Euro", sagte er der BILD-Zeitung und fügte an: "Ich wusste von dieser Vorschrift nichts, habe mich an den Dachfarben der Nachbarhäuser orientiert." Berger klagte vor dem Verwaltungsgericht und das setzte einen Ortstermin in der Siedlung an.

Zuerst durfte der Erste Stadtrat reden und der bestand im Namen der Stadt Pattensen auf die Einhaltung des rechtskräftigen Bebauungsplans. Seine Begründung: "Wir möchten die Neubauten an den alten Ortskern anpassen." Diese Bemerkung löste, wie die BILD-Zeitung gerne vermerkte, Gelächter bei den Umstehenden aus. Ein Vertreter der Bauherren mit den grau-schwarzen Dachpfannen sagte, er sei Experte ind einen klaren Ortskern habe Hüpede nicht, die Hälfte der Häuser im Ortsteil habe graue Dächer. Der Erste Stadtrat hielt dagegen, dass diese aber nicht am Rande des Naturschutzgebietes liegen würden.


Verwaltungsrichter Behrens entschied nach kurzer Beratung: Der Bebauungsplan ist rechtens und gilt für sämtliche Neubaugebiete im Ort. Seine Begründung: Das Gericht habe nicht darüber zu urteilen, was sich die Ratsmitglieder dabei gedacht haben, als sie allein die rot-braunen Töne bei den Dachpfannen zugelassen hatten. Und dies bedeutet nun: Neben den fünf jetzt strittigen Häusern kann die Stadt auch bei fünf weiteren Gebäuden im Nachbar-Baugebiet festlegen, dass die Dächer neu gedeckt werden müssen. Welche Häuser genau betroffen sind, werde nun geprüft, sagte ein Vertreter der für die Bauaufsicht zuständigen Region zur BILD-Zeitung.

Die Erkenntnis des Verfahrens: "Jetzt wird hier jeder jeden anschwärzen, weil kaum einer sich exakt an alle Vorschriften gehalten hat", so ein Nachbar gegenüber der Zeitung. Harald Rolffs* (40), der ebenfalls ein graues Dach hat, zur BILD: "Ich überlege jetzt, ob ich mein Haus giftgrün oder quietschgelb anstreiche." Er habe sich informiert und das sei laut dem Bebauungsplan nicht verboten.

* = Name des Betroffenen geändert!

Hinweis: Was steht alles in einem Bebauungsplan? In einem B-Plan sind hauptsächlich die Lage der Grundstücke, die zulässige überbaubare Fläche und die Grenzen festgelegt. Nach den Bauordnungen einzelner Bundesländer können Kommunen aber auch auf die Gestaltung der Häuser Einfluss nehmen, damit bestimmte städtebauliche oder ökologische Absichten verwirklichen werden. Hierunter fallen auch die Gebäudehöhe, die Art der Baustoffe, die Hausfarbe, der Neigungswinkel des Daches und eben auch Farbe von Dachpfannen.

Kommentar zum Thema:

Auch hier gilt der alte Rechtsgrundsatz: "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht!" Oftmals verbringen Bauherren (und -frauen) mehr Zeit beim Vergleich von Preisen für einzelne Bauelemente, als mit dem Studium der Rechtsvorschirfte, über die Bauaufsichts- bzw. Bauordnungsbehörden in der Regel gerne Auskunft geben, wenn man sie fragt.

Rainer Sauer, Jena

THÜRKAG | Die wichtigsten Regelungen des Thüringer Kommunalabgabengesetzes zum Thema "Beitragserhebung" - Dritter Teil: Die §§ 13 und 16

( k-info | THÜRINGEN | 23.09.2013 )  -  Hier findet man in einer Übersicht die wichtigsten Regelungen des Thüringer Kommunalabgabengesetzes zum Thema der "Beitragserhebung". Das ThürKAG trat im August 1991 in Kraft und ist derzeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. September 2000 gültig.


§ 13 (Informationspflichten)

Sobald die Gemeinden und Landkreise entschieden haben, eine Maßnahme im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 durchzuführen, für die einmalige Beiträge erhoben werden sollen, teilen sie dies unverzüglich den Personen, die als Beitragspflichtige voraussichtlich in Betracht kommen, in geeigneter Form mit und weisen darauf hin, dass diese mit der Zahlung von Beiträgen zu rechnen haben. Zugleich sind die Beitragspflichtigen darauf hinzuweisen, dass sie in die Satzung sowie in die Planungsunterlagen, die den Ausschreibungen zugrunde gelegt werden sollen, Einblick nehmen und während der Zeit der Einsichtnahme Anregungen vorbringen können.

Bei Maßnahmen der Erweiterung, Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt öffentlichen Wegen sollen neben der in den Planungsunterlagen enthaltenen Ausbauvariante auch Alternativausbauvarianten benannt werden. Vor Ausführung einer Maßnahme nach Satz 1 sollen Gemeinden und Landkreise im Rahmen einer gesonderten, für die Betroffenen öffentlichen Veranstaltung über das Vorhaben unter Einbeziehung hierzu ergangener Anregungen unterrichten. Die Sätze 1, 2 und 4 gelten entsprechend für die erstmalige Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen und Benutzungsgebühren.

Die Beitrags- und die Gebührenpflichtigen sind berechtigt, die Kosten- und Aufwandsrechnung einzusehen. Die voraussichtlich Beitragspflichtigen werden über den Zeitpunkt der Beendigung von Straßenausbaumaßnahmen in geeigneter Form unterrichtet.

§ 16 (Abgabehinterziehung)

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. der Körperschaft, der die Abgabe zusteht, oder einer anderen Behörde über abgaberechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder

2. die Körperschaft, der die Abgabe zusteht, pflichtwidrig über abgaberechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt

und dadurch Abgaben verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Abgabevorteile erlangt. § 370 Abs. 4, §§ 371 und 376 der Abgabenordnung in der jeweils geltenden Fassung sind entsprechend anzuwenden.

(2) Der Versuch ist strafbar.

THÜRKAG | Die wichtigsten Regelungen des Thüringer Kommunalabgabengesetzes zum Thema "Beitragserhebung" - Zweiter Teil: Die §§ 7a, 7b und 7c

( k-info | THÜRINGEN | 16.09.2013 )  -  Hier findet man in einer Übersicht die wichtigsten Regelungen des Thüringer Kommunalabgabengesetzes zum Thema der "Beitragserhebung". Das ThürKAG trat im August 1991 in Kraft und ist derzeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. September 2000 gültig.


§ 7 (Wiederkehrende Beiträge)

(1) Die Gemeinden können durch Satzung bestimmen, dass anstelle einmaliger Beiträge im Sinne des § 7 die jährlichen Investitionsaufwendungen für öffentliche Straßen, Wege und Plätze (Verkehrsanlagen) nach Abzug des Gemeindeanteils (Absatz 3) als wiederkehrender Beitrag auf die beitragspflichtigen Grundstücke verteilt werden. In der Satzung kann geregelt werden, dass sämtliche Verkehrsanlagen des Gemeindegebiets oder einzelner, voneinander abgrenzbarer Gebietsteile eine einheitliche öffentliche Einrichtung bilden, für deren Ausbau vorteilsbezogene Beiträge von Grundstücken erhoben werden können, welche die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu einer dieser Verkehrsanlagen haben. Ein Nebeneinander von einmaligen und wiederkehrenden Beiträgen in der Gemeinde ist zulässig. Die Entscheidung über die eine Einheit bildenden Verkehrsanlagen trifft die Gemeinde in Wahrnehmung ihres Selbstverwaltungsrechts unter Beachtung der örtlichen Gegebenheiten.

(2) Bei der Ermittlung des Beitragssatzes kann anstelle der jährlichen Investitionsaufwendungen vom Durchschnitt der im Zeitraum bis zu fünf Jahren zu erwartenden Investitionsaufwendungen ausgegangen werden. Weicht nach Ablauf dieses Zeitraums das Beitragsaufkommen von den tatsächlichen Investitionsaufwendungen nach Abzug des Gemeindeanteils (Absatz 3) ab, so ist das Beitragsaufkommen der folgenden Jahre entsprechend auszugleichen.

(3) Die Gemeinden legen in der Satzung fest, welchen Anteil der Aufwendungen sie selbst übernehmen (Gemeindeanteil). Der Gemeindeanteil muss mindestens 20 vom Hundert betragen und dem Verkehrsaufkommen entsprechen, das nicht den Beitragsschuldnern zuzurechnen ist. § 7 Abs. 4 a gilt entsprechend.

(4) Abweichend von § 2 Abs. 2 kann der Beitragssatz auch in einer gesonderten Satzung festgelegt werden.

(5) Die Beitragsschuld entsteht jeweils mit Ablauf des 31. Dezember für das abgelaufene Kalenderjahr. Auf die Beitragsschuld können vom Beginn des Kalenderjahres an Vorauszahlungen verlangt werden.

(6) Um eine Doppelbelastung von Grundstückseigentümern, Erbbauberechtigten und Inhabern eines dinglichen Nutzungsrechts im Sinne des Artikels 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuches zu vermeiden, haben die Gemeinden durch Satzung Überleitungsregelungen für die Fälle zu treffen, in denen Erschließungsbeiträge bzw. Ausgleichsbeträge nach dem Baugesetzbuch oder Beiträge nach § 7 dieses Gesetzes entstanden sind. Diese sind angemessen zu berücksichtigen. Dazu sollen die Überleitungsregelungen insbesondere vorsehen, dass die betroffenen Grundstücke für einen Zeitraum von höchstens 20 Jahren seit der Entstehung des Beitragsanspruchs bei der Ermittlung des wiederkehrenden Beitrags nicht berücksichtigt und auch nicht beitragspflichtig werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn einmalige Beiträge nur deshalb nicht berücksichtigt wurden, weil sie nach Erlass einer Satzung über die Erhebung wiederkehrender Beiträge entstanden sind.

(7) Stellen Gemeinden von wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen nach Absatz 1 auf einmalige Straßenausbaubeiträge nach § 7 um, sind vor der Umstellung geleistete wiederkehrende Straßenausbaubeiträge auf den nächsten Straßenausbaubeitrag anzurechnen. Entsteht nach dem Zeitpunkt der Umstellung kein neuer Straßenausbaubeitrag bis zum Ablauf des 20. Jahres nach der ersten Entstehung des wiederkehrenden Beitrags, kann die Gemeinde durch Festlegung in der Satzung bestimmen, dass die wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge bis zum Ablauf dieses Zeitraums in der zuletzt festgesetzten Höhe weiter zu entrichten sind.

(8) Soweit einmalige Beiträge noch nicht entstanden sind, können die Gemeinden die vor Inkrafttreten der Satzung über die Erhebung wiederkehrender Beiträge angefallenen beitragsfähigen Investitionsaufwendungen verteilt auf einen Zeitraum von höchstens 20 Jahren bei der Ermittlung des Beitragssatzes berücksichtigen.

§ 7 b (Stundung von einmaligen Beiträgen)

(1) Einmalige Beiträge können auf Antrag des Beitragspflichtigen insoweit verzinslich gestundet werden, als die Beitragsschuld in bis zu fünf aufeinander folgenden Jahresraten beglichen wird. Die Höhe und Fälligkeit der Raten wird durch Bescheid oder öffentlich-rechtlichen Vertrag festgelegt. § 222 Satz 1 der Abgabenordnung findet insoweit keine Anwendung.

(2) Einmalige Beiträge können zur Vermeidung erheblicher Härten im Sinne des § 222 Satz 1 der Abgabenordnung im Einzelfall über die in Absatz 1 genannte Frist hinaus gestundet werden. In diesem Fall soll der Beitrag in höchstens 20 Jahresraten entrichtet werden. Die Höhe und der Zeitpunkt der Fälligkeit der Jahresraten wird durch Bescheid festgelegt. Der jeweilige Restbetrag ist mit höchstens sechs vom Hundert jährlich zu verzinsen. Der Beitragsschuldner kann am Ende eines jeden Jahres den Restbetrag ohne weitere Zinsverpflichtungen tilgen. Die Jahresraten stehen wiederkehrenden Leistungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung in der Fassung vom 20. Mai 1898 (RGBl. S. 369, 713) in der jeweils geltenden Fassung gleich.

(3) Die Satzung kann bestimmen, dass der Beitrag für leitungsgebundene Einrichtungen für bebaute, gewerblich genutzte Grundstücke zinslos gestundet wird, soweit und solange der Beitragspflichtige nachweist, dass

1. das Verhältnis der genutzten Grundstücksfläche zu der nicht genutzten Grundstücksfläche das Verhältnis 1zu 3 überschreitet und

2. die nicht genutzten Grundstücksteile nicht zu wirtschaftlich zumutbaren Bedingungen veräußert werden können.

Die Stundung soll auf die Grundstücksfläche begrenzt werden, die über das in Satz 1 Nr. 1 genannte Verhältnis hinausgeht.

(4) Die Satzung kann bestimmen, dass der Beitrag zinslos gestundet wird, solange Grundstücke als Kleingärten im Sinne des Bundeskleingartengesetzes vom 28. Februar 1983 (BGBl. I S. 210) in der jeweils geltenden Fassung genutzt werden und der Beitragspflichtige nachweist, dass die darauf befindlichen Gebäude nicht zum dauerhaften Wohnen geeignet sind oder für gewerbliche Zwecke genutzt werden.

(5) Die Satzung kann bestimmen, dass der Beitrag für leitungsgebundene Einrichtungen zinslos gestundet wird, soweit und solange Grundstücke

1. als Friedhof genutzt werden oder

2. mit Kirchen bebaut sind, die zur Religionsausübung genutzt werden, soweit diese nicht tatsächlich an die Einrichtung angeschlossen sind.

(6) Eine erhebliche Härte im Sinne des § 222 der Abgabenordnung (Stundung) kann bei Beitragsforderungen insbesondere für unbebaute, beitragspflichtige Grundstücke vorliegen, deren landwirtschaftliche Nutzung weiterhin notwendig ist oder deren Nichtbebauung im Interesse der Erhaltung der charakteristischen Siedlungsstruktur oder des Ortsbildes liegt. In diesen Fällen soll auf die Erhebung von Zinsen verzichtet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 sind entsprechend auf Vorauszahlungen und Vorschüsse anzuwenden.

(8) Soweit sich die für eine Stundung von einmaligen Beiträgen, Vorauszahlungen und Vorschüssen nach den Absätzen 2 bis 6 maßgeblichen Umstände ändern, ist der Beitragspflichtige verpflichtet, dies unverzüglich dem Beitragsberechtigten anzuzeigen.

§ 7 c (Ungetrennte Hofräume)

(1) Gemeinden, in denen die Zahl der Fremdenübernachtungen im Jahr in der Regel das Siebenfache der Einwohnerzahl übersteigt, können zur Deckung des gemeindlichen Aufwandes für die Fremdenverkehrsförderung von den selbständig tätigen natürlichen und juristischen Personen, den offenen Handelsgesellschaften und den Kommanditgesellschaften, denen durch den Fremdenverkehr im Gemeindegebiet unmittelbar oder mittelbar wirtschaftliche Vorteile erwachsen, einen Fremdenverkehrsbeitrag erheben.

(2) Die Abgabe bemisst sich nach den besonderen wirtschaftlichen Vorteilen, die dem einzelnen Abgabepflichtigen aus dem Fremdenverkehr erwachsen.

(3) Die Gemeinden können auf die Beitragsschuld eines Kalenderjahres bereits während dieses Jahres Vorauszahlungen verlangen.

THÜRKAG | Die wichtigsten Regelungen des Thüringer Kommunalabgabengesetzes zum Thema "Beitragserhebung" - Erster Teil: § 7

( k-info | THÜRINGEN | 12.09.2013 )  -  Hier findet man in einer Übersicht die wichtigsten Regelungen des Thüringer Kommunalabgabengesetzes zum Thema der "Beitragserhebung". Das ThürKAG trat im August 1991 in Kraft und ist derzeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. September 2000 gültig.


§ 7 (Beiträge)

(1) Die Gemeinden und Landkreise können, soweit nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird, zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von denjenigen Grundstückseigentümern, Erbbauberechtigten oder Inhabern eines dinglichen Nutzungsrechts im Sinne des Artikels 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Der Investitionsaufwand umfasst auch den Wert der von der Kommune aus ihrem Vermögen bereitgestellten Sachen und Rechte im Zeitpunkt der Bereitstellung. Für die Erweiterung, Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt öffentlichen Wegen sollen solche Beiträge erhoben werden, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch zu erheben sind. Die Gemeinde kann von einer Beitragserhebung nach Satz 3 absehen, wenn

1. diese für sie zu keinem wesentlichen Vermögenszuwachs führen würde oder

2. ihre finanzielle Situation dauerhaft so günstig ist, dass sie ohne Verletzung der Einnahmebeschaffungsgrundsätze auf eine Beitragserhebung verzichten kann.

Die Entscheidung der Gemeinde nach Satz 4 erfolgt durch Beschluss, welcher zu begründen und der Kommunalaufsicht anzuzeigen ist; Absatz 12 bleibt unberührt. Bei nicht leitungsgebundenen Einrichtungen kann der Aufwand für bestimmte Abschnitte ermittelt werden; für mehrere Einrichtungen, die für die Erschließung der Grundstücke eine Einheit bilden, kann der Aufwand insgesamt ermittelt werden. Der Beitrag kann für Teile der Einrichtung selbständig erhoben werden (Kostenspaltung). Bei leitungsgebundenen Einrichtungen können Beiträge für Teile einer Einrichtung selbständig erhoben werden, wenn diese Teile nutzbar sind.

(2) Bei Anliegerstraßen sollen die Interessen der Anwohner an einem ihren Bedürfnissen entsprechenden, ortstypischen und kostensparenden Ausbau besondere Berücksichtigung finden; bereits vorhandene, unter technischen Gesichtspunkten noch nutzbare Straßenbestandteile sollen in die Bauplanungen einbezogen werden, soweit hierdurch Kosteneinsparungen erzielt werden können. Für Einrichtungen der Wasserversorgung sowie für die laufende Straßenunterhaltung und die Straßeninstandsetzung werden keine Beiträge erhoben.

(3) Sind die Vorteile der Beitragspflichtigen verschieden hoch, so sind die Beiträge entsprechend abzustufen. Verteilungsmaßstäbe sind insbesondere


1. die Grundstücksflächen,

2. das Maß der baulichen Nutzung (Geschossfläche, Anzahl der Vollgeschosse),

3. die Art der baulichen Nutzung oder 4. die Grundstücksbreite.

Die Verteilungsmaßstäbe können miteinander verbunden werden. In der Satzung kann geregelt werden, dass bei der Berechnung der Beiträge sowohl für leitungsgebundene als auch für nicht leitungsgebundene Einrichtungen die Grundstücksflächen in unbeplanten Gebieten nur bis zur ortsüblichen Tiefe der baulichen Nutzung berücksichtigt werden.

(4) Kommt die Einrichtung neben den Beitragspflichtigen nicht nur unbedeutend auch der Allgemeinheit zugute, so ist in der Satzung eine Eigenbeteiligung der Kommune vorzusehen. Die Eigenbeteiligung muss die Vorteile für die Allgemeinheit angemessen berücksichtigen.

(4a) Die Straßenausbaubeitragssatzung kann für das gesamte Gemeindegebiet eine über den Vorteil der Allgemeinheit hinausgehende Eigenbeteiligung der Gemeinde vorsehen, wenn

1. die Gemeinde einschließlich ihrer Eigenbetriebe keine Geldschulden hat oder der Schuldenstand der Gemeinde einschließlich ihrer Eigenbetriebe zum 31. Dezember des Vorjahres höchstens 150 Euro je Einwohner der Gemeinde betragen hat,

2. die Gemeinde bislang keine Bedarfszuweisungen in Anspruch genommen hat und auch bei Erhöhung des Gemeindeanteils keine Bedarfszuweisungen benötigt,

3. die Gemeinde einschließlich ihrer Eigenbetriebe im Finanzplanungszeitraum keine Kreditaufnahme geplant hat und

4. aufgrund der Bewertung sonstiger Risiken (zum Beispiel Bürgschaften, Gewährverträge, kreditähnliche Rechtsgeschäfte) keine Verschlechterung der Haushaltssituation der Gemeinde zu befürchten ist.

Die Eigenbeteiligung der Gemeinde darf für Straßen, die

1. überwiegend dem Anliegerverkehr dienen, 80 vom Hundert,

2. überwiegend dem innerörtlichen Durchgangsverkehr dienen, 85 vom Hundert und 

3. überwiegend dem überörtlichen Durchgangsverkehr dienen, 90 vom Hundert nicht überschreiten. Entsprechend der Verkehrsbedeutung der Straße sowie der einzelnen Teileinrichtungen ist dabei eine angemessene Abstufung vorzusehen. Bei Wegfall der Voraussetzungen nach Satz 1 ist das Satzungsrecht umgehend anzupassen.

(5) Steht im Zeitpunkt des Satzungserlasses der Aufwand nach Absatz 1 noch nicht fest, so kann in Abweichung von § 2 Abs. 2 davon abgesehen werden, den Abgabesatz festzulegen; es müssen aber die wesentlichen Bestandteile der einzelnen Einrichtungen in der Satzung nach Art und Umfang bezeichnet und der umzulegende Teil der Gesamtkosten bestimmt werden.

(6) Die Beitragspflicht entsteht mit der Beendigung der Maßnahme oder der Teilmaßnahme und im Falle der Abschnittsbildung mit der Beendigung des Abschnitts.

(7) Bei leitungsgebundenen Einrichtungen entsteht die Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung oder Teileinrichtung nach Absatz 1 Satz 8 angeschlossen werden kann, frühestens mit In- Kraft-Treten der Satzung; die Satzung kann einen späteren Zeitpunkt bestimmen. Abweichend von Satz 1 entsteht die sachliche Beitragspflicht

1. für unbebaute Grundstücke, sobald und soweit das Grundstück bebaut und tatsächlich angeschlossen wird, und

2. für bebaute Grundstücke in Höhe der Differenz, die sich aus tatsächlicher und zulässiger Bebauung ergibt, erst, soweit und sobald die tatsächliche Bebauung erweitert wird.

Die sachliche Beitragspflicht entsteht für bebaute Grundstücke nicht, soweit und solange das Grundstück die durchschnittliche Grundstücksfläche im Verteilungsgebiet der Einrichtung des Aufgabenträgers um mehr als 30 vom Hundert übersteigt. Sofern die örtlichen Verhältnisse es erfordern, ist bei der Ermittlung der durchschnittlichen Grundstücksfläche insbesondere zwischen Grundstücken, die vorwiegend Wohnzwecken dienen oder dienen werden, und sonstigen Grundstücken zu unterscheiden. Satz 3 gilt nicht für die tatsächlich bebaute Fläche. Ändern sich die für die Beitragsbemessung maßgeblichen Umstände nachträglich, unterrichten die Gemeinden die Aufgabenträger über Bauvorhaben, für die Baugenehmigungen erteilt oder die baurechtlich angezeigt wurden.

(8) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorauszahlungen auf den einmaligen Beitrag verlangt werden, sobald mit der Ausführung der beitragspflichtigen Maßnahme begonnen worden ist. Die Vorauszahlung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorauszahlende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorauszahlungsbescheides noch nicht entstanden, kann die Vorauszahlung zurückverlangt werden. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorauszahlung mit acht vom Hundert jährlich zu verzinsen. Ist eine Beitragspflicht bereits entstanden, können Vorschüsse auf den Beitrag erhoben werden, sofern die endgültige Beitragsschuld noch nicht berechnet werden kann.

(9) Für leitungsgebundene Einrichtungen können unbeschadet der Regelung des Absatzes 8 Vorauszahlungen unter den Voraussetzungen des Absatzes 8 Satz 1 nach Maßgabe des Baufortschritts der Einrichtung bis zu 80 vom Hundert des voraussichtlichen, beitragsfähigen Investitionsaufwands erhoben werden. Im Falle der Kostenspaltung nach Absatz 1 Satz 7 ist die Erhebung der Vorausleistung für Teile der Einrichtung gesondert zulässig. Sofern die für die Berechnung der Vorauszahlung notwendigen Grunddaten nicht vorhanden sind, werden sie durch Selbstauskunft des Beitragspflichtigen ermittelt. Kommt der Beitragspflichtige dem Auskunftsverlangen nicht nach, können die notwendigen Grunddaten durch Schätzung ermittelt werden. Führt der im Wege der Selbstauskunft oder der Schätzung der Vorauszahlung zugrunde gelegte satzungsgemäße Verteilungsmaßstab zu einem anderen Beitrag, als er bei einer tatsächlichen Ermittlung anzusetzen gewesen wäre, ist der Unterschiedsbetrag zwischen der aufgrund der Selbstauskunft oder der Schätzung erhobenen und der sich nach Zugrundelegung der tatsächlich anzusetzenden Werte ergebenden Vorauszahlung mit sechs vom Hundert jährlich zu verzinsen.

(10) Beitragspflichtig ist, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld Eigentümer des Grundstücks, Erbbauberechtigter oder Inhaber eines dinglichen Nutzungsrechts im Sinne des Artikels 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ist; unabhängig hiervon richtet sich für restitutionsbelastete Grundstücke die Beitragspflicht nach Satz 2. Die Satzung kann bestimmen, dass beitragspflichtig ist, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstücks, Erbbauberechtigter oder Inhaber eines dinglichen Nutzungsrechts im Sinne des Artikels 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch ist. Mehrere Beitragspflichtige sind Gesamtschuldner; bei Wohnungs- und Teileigentum sind die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer nur entsprechend ihrem Miteigentumsanteil beitragspflichtig.

(11) Der Beitrag ruht als öffentliche Last auf dem Grundstück, dem Erbbaurecht oder dem dinglichen Nutzungsrecht im Sinne des Artikels 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche, im Falle des Absatzes 10 Satz 3 auf dem Wohnungs- oder dem Teileigentum; die öffentliche Last erlischt nicht, solange die persönliche Schuld besteht. Der Duldungsbescheid, mit dem die öffentliche Last geltend gemacht wird, ist wie ein Leistungsbescheid zu vollstrecken. 

(12) Ein Beitrag kann auch für öffentliche Einrichtungen erhoben werden, die vor In-Kraft-Treten der Abgabesatzung hergestellt, angeschafft, erweitert, verbessert oder erneuert wurden. Die Satzung über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ist spätestens vier Jahre nach Ablauf des Jahres zu beschließen, in dem die Maßnahme nach Satz 1 beendet wurde.

(13) Der Beitragsberechtigte kann die Ablösung des Beitrags vor Entstehung der Beitragspflicht gegen eine angemessene Gegenleistung zulassen. Das Nähere ist in der Satzung zu bestimmen.

(14) Grundstückseigentümer, Erbbauberechtigte und Inhaber eines dinglichen Nutzungsrechts im Sinne des Artikels 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche sind dazu verpflichtet, auf Verlangen der beitragsberechtigten Körperschaft die für die Berechnung der Vorauszahlungen, Vorschüsse und Beiträge erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offen zu legen und die ihnen bekannten Beweismittel anzugeben. Dies gilt insbesondere für Angaben zu der Grundstücksfläche sowie der Art und dem Maß der baulichen Nutzung eines Grundstücks. Kommt der Verpflichtete einer Aufforderung der beitragsberechtigten Körperschaft nicht nach, kann er mit einer Geldbuße bis zu zweihundertfünfzig Euro belegt werden.

DIE GRUNDLAGEN DER BEITRAGSERHEBUNG | TEIL 1 | Zusammengefasst von Dipl-Verw. (FH) Rainer Sauer

( k-info | 03.09.2013 )  -  Für die Bürger der Stadt Jena wurde vor knapp einem Jahrzehnt eine Informationsschrift erstellt, welche die verschiedenen Stufen und Phasen des Verwaltungsverfahrens einer Beitragserhebung etwas näher beleuchtet und beschreibt. Der Erfolg dieser Antworten auf "Häufig gestellte Fragen zur Erhebung von Erschlkießungs- bzw. Straßenbaubeiträge" hat dazu geführt, dass diese Informationsschrift immer weider nachgefragt wird und hier auf "Kommunalabgaben. Info" erstmals in einer für das Internet verallgemeinerten Version für alle Interessenten verfügbar ist.

Bitte beachten Sie, dass dies kein "Leitfaden zur mathematisch korrekten Beitragsberechnung von Beginn an" sein kann, denn Beitragsrecht ist immer an die Betrachtung von Einzelfällen gebunden und bereits ein weiteres, hier nicht erwähntes, Detail kann beitragsrechtllich zu einer veränderten Betrachtungsweise führen. Anliegerbeitragsrecht an sich ist jedoch im Großen und Ganzen ein einfach strukturiertes Rechtsgebiet, das sich seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert zwar partiell geändert hat, dabei aber bis heute bestimmten Grundsätzen unverändert treu geblieben ist.

Allgemeine Bemerkungen

Den Kommunen (= Städte und Gemeinden) in Deutschland werden durch den Bund oder die Länder per Gesetz eine Vielzahl von Aufgaben und Zuständigkeiten im eigenen oder dem übertragenen Wirkungskreis aufgebürdet. So zählt z. B. die Verkehrssicherungspflicht der Städte gem. § 5 Abs. 2 des Bundesfern-straßengesetzes sowie den jeweiligen Straßengesetzen in Verbindung mit § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Regel zum Kreis der Pflichtaufgaben. 

Hierdurch wird für die Kommune und ihre für die Straßenbaulast verantwortlichen Mitarbeiter eine sogenannte "Amtspflicht" begründet, die öffentlichen Verkehrswege in einem Zustand zu halten, welcher verkehrssicher ist. Aus dieser Pflicht heraus ergibt sich, dass die Städte und Gemeinden gehalten sind, die in ihrer Obhut befindlichen Straßen in einem Zustand zu erhalten, der etwaige Regressansprüche gegen sie selbst ausschließt.

Pflichtaufgaben des eigenen Wirkungskreises eigen ist die Tatache, dass von den Kommunen zwar per Gesetz die Ausführung der Verkehrssicherungspflicht gefordert wird, ihnen aber die Art und Weise der Ausführung grundsätzlich frei steht. Aus Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland begründet sich wiederum der sogenannte "Vorbehalt des Gesetzes". Hiernach bedarf es für Eingriffe der staatlichen Gewalt - in unserem Beispiel: der Kommunen - in die Rechtspositionen einer Person - ergo des Bürgers - einer wirksamen und damit den Eingriff legitimierenden Ermächtigungsgrundlage. Eine dieser Grundlagen ist die Abgabenordnung 1977 / AO77. Sie regelt wann und wie sich ein Bürger an Kosten des Staates zu beteiligen hat.

Aus dem Umkehrschluss des § 130 Abs. 2 der AO77 heraus, sind belastende Verwaltungsakte solche, die in bestehende Rechte oder rechtlich erhebliche Vorteile des Bürgers eingreifen, diese Rechte bzw. Vorteile des Bürgers damit beschneiden. Jede Aufforderung zu einer Beitragszahlung stellt somit einen Eingriff des Staates in Rechtspositionen seiner Bürger dar, da Geld zu den rechtlich erheblichen Vorteilen zu zählen ist.

Zunächst ist im Beitragsrecht der öffentlichen Verkehrswege zwischen einer erstmaligen Straßenerschließungsmaßnahme und einer Straßen(aus)baumaßnahme - oft als Wiederherstellung oder Erneuerung - zu unterscheiden. Instandhaltungsmaßnahmen unterliegen keinerlei Beitragspflicht. Damit wird deutlich, dass sich die Möglichkeit einer Beitragserhebung nur für Herstellungsmaßnahmen rechtfertigt, die eine Veränderung des städtischen oder gemeindlichen Anlagevermögens bewirken, also aus dem Vermögenshaushalt zu bezahlen sind bzw. bezahlt werden, denn Instandhaltungsmaßnahmen werden über den Verwaltungshaushalt finanziert.

Finanziert sich die Herstellungsmaßnahme über den Vermögenshaushalt, löst sie automatisch eine Beitragspflicht aus. Für welche Grundstücke bzw. Grundstücks-eigentümer kann jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht gesagt werden. Klar ist aber, dass noch vor der genauen Bestimmung der Abrechnungsanlage und damit des Abrechnungsgebietes, die Gesetzesgrundlage zu klären ist, nach welcher später ein Beitrag erhoben werden soll.

Für die erstmalige engültige Herstellung bzw. Fertigstellung einer zuvor unfertigen öffentlichen Straße, eines Weges oder Platzes sind die Regelungen des Baugesetzbuches den Bundes / BauGB anzuwenden und für eine Erneuerung, Erweiterung, Verbesserung und/oder Anschaffung einer öffentlichen Verkehrsanlage gelten die Regelungen des jeweiligen Kommunalabgabengesetzes. Private Erschließungs- bzw. Verkehrs-anlagen, Straßen, Wege udn Plätze sind daher nicht geeignet, Beitragspflichten nach dem BauGB oder dem KAG auszulösen.

[...wird fortgesetzt...]

GEBÜHREN | Wie man sich viel Ärger einhandeln kann, wenn man meint, zuviel Müllgebühren gezahlt zu haben

( k-info | 01.09.2013 )  -  124 Euro und 31 Cent ­zu viel bezahlte Betriebskosten wollte sich vor einiger Zeit ein Rentner, der in einer Plattenbausiedlung wohnt, von einer Wohnungsgenossenschaft / WG vor dem Amtsgericht erstreiten.

Diese Summe habe er über fünf Jahre zu viel bezahlt, weil der Vermieter die großen 1100 Liter fassenden Abfallbehälter in einem regelmäßigen Turnus zwei Mal wöchentlich leeren lasse, obwohl sie gar nicht ­immer voll seien, rechnete der selbstbewusst auftretende Kläger dem Gericht vor. Doch er ging noch weiter und bezichtigte die WG und den kommunalen Entsorgungsbetrieb des "Betrugs", weil die ­Abfallentsorger Kraft einer Vereinbarung mit der WG für die Käfige mit den Abfallcontainern Schlüssel haben.

Nach den Vorstellungen des Mieters hätten zu allererst die Hausmeister der WG prüfen müssen, ob die Behälter überhaupt voll sind und sie nur dann zur Abfuhr auf die Straße herausstellen dürfen. In Eigenheim­gebieten könne der Bewohner schließlich auch selbst entscheiden, ob und wann er die Tonne leeren lasse oder nicht. Bei 16,61 Euro pro Leerung in seinem Wohngebiet mache der Entsorgungsbetrieb auf diese ­Weise einen stattlichen Gewinn, den er für die Subventionierung anderer Aufgaben einsetze, sagte der Rentner und war sich seiner Sache offensichtlich sicher.

Doch den zuständigen Amtsrichter ließ die ungelenk vorgetragene Argumentation kalt. Er stellte bereits zu Beginn der Verhandlung fest, dass die vom Kläger ohne einen Anwalt selbst ­erstellte Klageschrift in keiner Weise den Anforderungen an ein solches Schriftstück entspreche. Auch das juristische Halbwissen des Klägers, der gleichzeitig als sein eigener Rechts­beistand auftrat, konnte den Berufsrichter nicht beeindrucken.

Die Klageschrift lege in keiner Weise dar, wie sich die Forderung von 124,31 Euro begründe, sagte der Richter, was den Rentner auf die Palme brachte. Der Anwalt der WG stellte schließlich den Antrag, die Klage abzuweisen, worauf der Senior erneut lautstark vor Gericht seinem Unmut freien Lauf ließ. Nachdem der Richter den ­Kläger abermals mit Nachdruck auf die Gepflogenheiten bei Gericht hingewiesen hatte, drohte der Rentner gar mit einem Befangenheitsantrag gegen den Richter, doch auch dies zeigte keine Wirkung.

Der Richter verkündete das Urteil "im Namen des Volkes" mit dem Ergebnis: Klage abgewiesen, die Kosten habe der Kläger zu tragen. Als der daraufhin höhnisch lachte und sich über die "Willkür der Justiz" bekagte, beendete der Richter die Sache mit der Androhung von Gewahrsam, falls der Kläger weiter mit unbewiesenen Anschuldigungen wie Betrug verbal um sich werfe.

Doch der betagte Hobby-Jurist gab nicht auf und ließ in der Geschäfts­stelle sofort eine "Schriftliche Beschwerde wegen rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Absatz 1 Grundgesetz" protokollieren mit dem Begehren, das Verfahren neu zu eröffnen. müssen?

Kommentar zum Thema:

Das nächste Mal sollte sich der Kläger besser durch einen richtigen Juristen vertreten lassen, denn Richter sind oft sehr sensibel, wenn Kläger sich nicht an die Gepflogenheiten vor dem "hohen Gericht" halten.

Rainer Sauer, Jena

BÜRGERINFORMATION | Wie informiert man "die Bürger" richtig? Was muss eine Verwaltung hierbei beachten?

( k-info | 27.08.2013 )  -  Die Stadt XYZ plant ab Mai Bauarbeiten in der dortigen "Waldstraße". Die "Waldstraße" führte einst vom Waldrand im Norden der Stadt in die Innenstadt. Heute ist die Stadt gewachsen und die "Waldstraße" wurde zu einer wichtigen Verkehrsachse mit mehreren Seitenstraßen, wie dem "Wiesenweg", der "Feldstraße" oder dem "Heideweg".

Allerdings ist das Leben an "Feldstraße" oder "Heideweg", an "Waldstraße" oder "Wiesenweg" im 21. Jahrhundert nicht mehr so idyllisch, wie der Name vermuten lässt, sondern alle Straßen liegen mittlerweile im Herzen der Stadt, an ihnen gibt es iviele Wohnhäuser, an den Straßenrändern parken Kraftfahrzeuge. Eines steht fest: Die Erneuerung der "Waldstraße" ist notwendig, wurde vom Stadtrat im Herbst zuvor beschlossen, konnte von der Stadt XYZ nach Genehmigung des Haushalts ausgeschrieben werden und im Zuge dieses bevorstehenden Straßenbaus wurde die Planung von Umleitungsstrecken unumgänglich, auch um den Schwerlastverkehr, während der Sperrung der "Waldstraße", auf anderen Wegen von Norden nach Süden durch die Stadt zu führen.

Drei Varianten hatte sich die Stadt hierzu im Januar des Jahres ausgedacht und diese einen Monat später dem Ordnungsamt und der Straßenverkehrsbehörde zur Genehmigung vorgelegt. Die optimale Streckenführung war verwaltungsintern allerdings umstritten, die Entscheidung für Ordnungsamt und Straßenverkehrsbehörde deshalb schwierig. Im März gab es schließlich Informationsveranstaltungen für die Anlieger der "Waldstraße", in denen über die geplanten Bauarbeiten aufgeklärt wurde. Ende April entschied man sich auf Seiten des Ordnungsamtes für die Umleitungsvariante II, die den Schwerverkehr nach Norden durch die "Feldstraße" und alle Fahrzeuge in südlicher Richtung durch den "Wiesenweg" führt. Nun ist es Mai und der Verkehr rollt wegen des Beginns der Bauarbeiten auf der Straße nur noch einspurig nach Norden.

Nur wenige Tage später meldet sich die Lokalzeitung zu Wort. "Verkehrschaos in der Innenstadt" titelt sie und "Die Bürger wurden nicht informiert". Weiter kann man lesen: "All das wäre im Grunde nicht so problematisch, wenn die Anwohner im 'Wiesenweg' und der 'Feldstraße' nicht erst am Donnerstag voriger Woche, und damit drei Tage vor der Angst, aus unserer Zeitung erfahren hätten, dass zu Wochenbeginn das neue Verkehrsregime gilt. Zum anderen hat man in der Verwaltung offenbar keine Ideen, wo die Anwohner für die Dauer der Umleitung, also mehr als zwei Monate, ihre Autos parken sollen." 

Das ganze Ärgernis hatte Peter Redlich, Kreisposaunenwart und zugleich Anwohner im "Wiesenweg", veranlasst, sich mit einer Beschwerde an Verwaltung sowie den Bürgermeister zu wenden und "da dieses Thema von öffentlichem Interesse sein dürfte, haben wir die Sache auch der Lokalredaktion der örtlichen Tagespresse zur freien Berichterstattung über das lokale Geschehen übergeben, denn wir finden es erschreckend, wie die Verantwortlichen der Stadt mit ihren Bürgern umgehen." 

Redlich meint, es müsste doch eine Selbstverständlichkeit sein, dass die Anlieger der betroffenen Straßen "bei derartig einschneidenden, die Wohnqualität beeinträchtigenden Maßnahmen, die auch zu Mietmindereinnahmen führen werden, sehr frühzeitig eine Information darüber erhalten, was geplant ist und welche Auswirkungen dies auf die Anlieger der Umleitungsstrecken haben wird." 

Außerdem geht der Kreisposaunenwart miit einer Delegation von Nachbarn zum Bürgermeister. Seitens der Bürgerschaft halte man es für dringend erforderlich, sagt Redlich zu ihm, dass Vertreter der Bürger in die Planung derartiger Maßnahmen mit einbezogen werden. Doch was habe die Verwaltung getan: "Bürgerbeteiligung und Demokratie in diesem Falle? Null!" konstatiert Redlich und der Bürgermeister nickt betroffen. Der Chef der Verwaltung versichert Herrn Redlich und den Bürgern die ihn begleiten, dass er dies auch nicht so ganz verstehen kann, weil doch z. B. bei Baumaßnahmen der Energieversorgung solche Informationen den Anwohner per Flyer rechtzeitig vor Beginn von Bauarbeiten zugehen würden.

"Genauso ist es", antwortet ihm Herr Redlich, im vorliegenden Fall sei man vor vollendete Tatsachen gestellt worden, dabei sei alles doch ganz einfach, so Redlich, denn "mit Bürgerbeteiligung und einem Fünkchen Kreativität und Mitdenken" sei es ein Leichtes, eine einigermaßen erträgliche Lösung der Probleme für die am meisten belasteten Anwohner zu finden. Der Bürgermeister gibt Herrn Redlich recht und bittet ihn um einen Vorschlag.

Redlich fühlt sich endlich angekommen mit seinem Anliegen und antwortet: "Im Namen der Anwohner unterbreiten wir folgende Vorschläge: 1.) Für das Anwohnerparken soll die Stadt den Parkplatz des Arbeitsamtes zur Verfügung stellen, der selten wirklich nennenswert belegt ist. 2) Der 'Heideweg', auf der anderen Seite der 'Waldstraße' wird auf Anwohnerparken umgestellt und die Anlieger von 'Wiesenweg' und 'Feldstraße' werden kostenlos mit einem Parkausweis für ihre Fahrzeuge ausgestattet und dürfen ab sofort dort parken."

Der Bürgermeister ist begeistert und lässt sofort die Meldung in die Presse setzen: "Die Stadt bedauert die späte Information der Anwohner. Aber wir habeneine Lösung gefunden: Ab sofort darf im 'Heideweg' geparkt werden!" Das empört nun wiederum Frau Mühsam aus dem "Heideweg", die sich tags drauf in der Lokalzeitung zu Wort meldet und sich beschwert, dass die Anlieger des "Heidewegs" keine Ruhe mehr hätten, weil (Zitat) "in unserer Straße ein Krieg um die knappen Parkplätze" entbrannt sei.

Weiter wird sie mit den Worten zitiert: "Die gesamte Planung der Umleitung des in Richtung Stadtmitte fließenden Verkehrs ist total unausgegoren, hilft nur den Anliegern im 'Wiesenweg' und der 'Feldstraße', berücksichtigt aber auf keinen Fall die Interessen der Anlieger im 'Heideweg' und nicht die örtlichen Gegebenheiten und sie gefährdet Menschenleben." Frau Mühsam beschwert sich, dass mit ihr überhaupt nicht gesprochen worden sei und fordert dass "unsere Argumente, Bedenken, Kritikpunkte und Abänderungsvorschläge umgehend in eine Änderung der Umleitungsstrecke einfließen."

Dies ruft wiederum Herrn Redlich auf den Plan, der in der Wochenendausgabe der Zeitung erklärt, die Anwohner von "Feldstraße" und "Wiesenweg" seien hieran nicht schuld, denn diese hätten dem Bürgermeister ja den Vorschlag gemacht, auf den Parkplatz vom Arbeitsamt parken zu wollen, aber diesem sinnvollen Vorschlag sei man nicht gefolgt ... und so weiter und so weiter.

Frage; Was hätte man als Stadt XYZ anders machen können und müssen?

Kommentar zum Thema:

Der richtige Umgang mit den Anliegern, das optimierte Umsetzen von Verwaltungsinteressen, das frühzeitige Einbinden von Bürgern in Verwaltungsabläufe kann man ebenso trainieren, wie viele andere Dinge im Leben auch.

Besuchen Sie deshalb Fortbildungsveranstaltungen oder buchen Sie ein Konflikt- oder Verwaltungstraining.

Rainer Sauer, Jena

BÜRGERINFORMATION | Für wie viele ihrer Bürger soll/kann/muss eine Verwaltung entscheiden und handeln?

( k-info | 26.08.2013 )  -  Die Stadt XYZ brauche einen Bürgermeister, der die Interessen der Bürger in den Vordergrund seiner Tätigkeit stellt, sagte vor einiger Zeit das Mitglied einer Bürgerinitiatve in der Presse und meint mit dem von ihm reklamierten "Bürgerinteresse" natürlich das seiner Initiative.

"Lobbyarbeit" nennen das andere, im konkreten Fall wohl aus deshalb zutreffend, weil es in dem Ort noch weitere Bürgerinitiativen gab, die völlig andere Interessen vertraten. Was sind also die "Interessen der Bürger", die (im konkreten Beispiel von einem Bürgermeister) vertreten werden sollen? 

Ein einfaches Beispiel: Herr Fritz wohnt in der "Waldstraße" und ärgert sich darüber, dass zu wenig Bäume in der "Waldstraße" stehen und dafür zu viele Straßenlaternen. Er gründet die Bürgerinitiative "Meine Waldstraße" und die setzt sich als Ziel "Weniger Licht und mehr Grün in der 'Waldstraße'". Herr Fritz leistet gute Lobbyarbeit ("Lobby" deshalb, weil sich im Vorrraum eines Sitzungssaals - umgangssprachlich "Lobby" genannt - trefflich Gespräche führen und Interessen in Politikerköpfe transpotieren lassen) und schon nach kurzer Zeit sind viele Stadträte davon uberzeugt, dass DIE Bürger der "Waldstraße" weniger Lampen und dafür mehr Bäume wollen. Sogar der Bürgermeister spricht schon bald davon, dass er sich in der "Waldstraße" mehr Grün vorstellen kann.

Das ärgert aber Herrn Franz, der gegenüber von Herrn Fritz wohnt (über den er sich im Übrigen ebenfalls - und das schon lange - ärgert), und dieser gründet eine weiter Bürgerintiative mit dem Titel "Mehr Licht", die den Standpunkt vertritt, es gäbe in der "Waldstraße" schon zu viele Bäume und das Ungeziefer laufe manchmal direkt von den Ästen in die gute Stube. Außerdem, so die BI "Mehr Licht", würden viele alte Menschen in der Straße leben und weniger Licht käme deren Sehschwäche nicht entgegen. Herr Franz kennt einen Redakteur der Lokalzeitung gut und die berichtet in der Woche darauf über die Stuation in der "Waldstraße" aus Sicht des Herrn Franz und zeigt diesen vor seinem Haus, mit dem Finger in Richtung seines Fensters deutend und auf eine Ameise zeigend, die auf der Fensterbank läuft, die man allerdings auf dem Foto nicht sehen kann. Der Bürgermeister äußert daraufhin sein Verständnis für die Bedürfnisse alter Menschen und gibt zu, dass er sich auch schon einmal über einen Marienkäfer in seiner Kaffeetasse geärgert hat. Das empört wiederum Herrn Fritz und seine Mannen.

Die Woche darauf ist daher Herr Fritz in der Lokalpresse. Sein Foto unter der Überschrift "Wir fühlen uns verarscht!" ist etwas größer als das von Herrn Franz eine Woche zuvor und Herr Fritz deutet auf eine Lampe, die an der Straßenecke steht; direkt gegenüber sieht man eine Lampe der Seitenstraße. "Wir haben lange und intensiv mit der Verwaltung über die beste Lösung für unsere Straße diskutiert", wird er zitiert, und man sei zu guten Lösungen gekommen, sagt er.

"Diese Lösungen kenne ich", ereifert Herr Franz sich auf seiner nächsten Veranstaltung, zu der er die Fraktionsvorsitzenden des Stadtrates eingeladen hat. Zukünftig soll nicht nur ein Baum vor seinem Grundstück stehen sondern zusätzlich noch ein zweiter. Das sei aber niemals tiefgründig geprüft worden, behauptet Herr Franz, sondern eine Gemeinheit von Herrn Fritz. Herr Kurz von der Verwaltung meldet sich zu Wort und sagt zu Herrn Franz, viele von dessen Gegenargumenten, wie Baumfällungen und die schlechte Ausleuchtung der "Waldstraße" konnten einer genaueren Prüfung nicht standhalten.

Als sich daraufhin eine Stadtrats-Mehrheit für einen Umbau der "Waldstraße" abzeichnet und der Bürgermeister verkündet, der Umbau der Straße sei eine Verbesserung im Sinne des Kommunalabgabengesetzes, an deren Kosten sich die Grundstückseigentümer mit 70 % zu beteiligen haben, ist die Empörung in beiden Bürgerinitiativen groß. Man trifft sich und beide schließen sich zusammen zur neuen Initiative "WWW" (= "Wir Wutbürger in der Waldstraße"). Herr Fritz wird Vorsitzender und Herr Franz der Initiativensprecher.

"Verquere Politik und kein guter Stil des Oberbürgermeisters", kann man nun auf Spruchbändern und Flugblättern lesen.. Anfangs habe die Verwaltung stets betont. "Noch ist nichts entschieden", sagt Herr Franz und nun wolle man die Bürger abzocken. Herr Fritz nagelt derweil Pappschilder an die Bäume der Straße und auf denen steht: "Wir müssen sterben!". Das ruft Herrn Klein vom Ordnungsamt auf den Plan, der Herrn Fritz Baumfrevel vorwirft.

Und überhaupt: Wie soll die Verwaltung in solchen Fällen handeln?

Kommentar zum Thema:

Der richtige Umgang mit Bürgerintiativen, das optimierte Umsetzen von Verwaltungsinteressen, das frühzeitige Einbinden der Bürger in Verwaltungsabläufe kann man ebenso trainieren, wie viele andere Dinge im Leben auch.

Besuchen Sie deshalb Fortbildungsveranstaltungen oder buchen Sie ein Konflikt- oder Verwaltungstraining. Der Komponist Robert Schumann sagte einst "Es ist des Lernens kein Ende" und der russische Violinst Zakhar Bron meint "Ein Diamant leuchtet nur, wenn er geschliffen ist." - An beiden Sinnsprüchen ist viel Wahres.

Rainer Sauer, Jena