STRASSENBEITRÄGE | THÜRINGEN | Darf Ichtershausen den Anliegeranteil in seiner Satzung drastisch senken?

( k-info | THÜRINGEN | 20.08.2013 )  -  In Ichtershausen im Ilmkreis sind verschiedene Einwohner durch Kanalbau- und Straßenausbauarbeiten in ihrer Lebensqualität erheblich eingeschänkt, wie die Thüringer Allgemeine schreibt. Es falle ihnen schwer,  ihre Grundstücke zu erreichen, heißt es dort, aber ein Ende der Bauarbeiten sei in einigen Wochen zu erwarten.

Wenn die Bauarbeiten dann beendet sind, wird die Gemeinde für die Sanierungsmaßnahmen u. a. Straßenausbaubeiträge erheben. Im Oktober letzten Jahres sei die neue Straßenausbaubeitragssatzung beschlossen worden, berichtet der Geschäftsführende Beamte Christopher Steinbrück der TA, und diese sehe vor, den finanziellen Anteil der Grundstückseigentümer an solchen Projekten zu senken (siehe hierzu den Kommentar). Dafür erhöhe sich nun der Gemeindeanteil, sagte Steinbrück der Zeitung.

Gegen diese neue Satzung hat die Kommunalaufsicht des Ilmkreises jedoch rechtliche Bedenken angemeldet, was dazu führte, dass die Genehmigung der Satzung immer noch ausgesetzt sei, wie die TA anmerkt.

Bliebe dies so bis die betreffende Straße in Ichtershausen mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung beitragsrechtlich fertig gestellt ist, dann müssten die Anwohner wohl Ausbaubeiträge nach der alten Satzung zahlen und das, so die Thüringer Allgemeine in ihrem Artikel vom 15. August 2013, würde für sie wesentlich teurer werden als nach der neuen Satzung vom Oktober 2012.

"Im Interesse der Bürger hoffen wir natürlich, dass die Satzung nun endlich in Kraft gesetzt wird", so Steinbrück zur TA. Landrätin Petra Enders habe sich zwar bereits mit einigen Gemeinderäten aus Ichtershausen unterhalten und außerdem zugesagt, sich nochmals mit der Auslegung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes zu befassen, sagte der Geschäftsführende Beamte der Zeitung. Auch habe die Landrätin das Landesverwaltungsamt um eine Stellungnahme gebeten, aber es habe trotzdem noch keine Entscheidung zur strittigen Frage gegeben, so Steinbrück.

Kommentar zum Thema:

Die Genehmigung von Satzungen obliegt der Kommunalaufsicht, damit gewährleistet ist, dass es z. B. durch "bürgerfreundliche" prozentuale Aufteilungen der Beitragslasten nicht zu einer Schieflage des gesetzlicherseits geregelten beitragsrechtlichen Vorteils kommt.

Wenn an einer öffentlichen Straße die beitragspflichtigen Grundstücke in etwa einen ebenso hohen Vorteil haben, wie die Allgemeinheit, dann stellt sich natürlich die Frage, ob es nach den Grundsätzen der Beitragsrechts überhaupt geboten und zulässig ist - wie etwa in Ichtershausen geschehen - die Beitragslast im Verhältnis 15 Prozent Anliegeranteil und 85 Prozent Gemeindeanteil aufzuteilen.

Und in Anliegerstraßen sollen Grundstückseigentümer in Ichtershausen nach der im letzten Jahr beschlossenen Straßenausbaubeitragssatzung künftig nur noch mit 20 Prozent veranlagt werden und die Gemeinde soll hier 80 Prozent der umlagefähigen Kosten aus ihrer Gemeindekasse tragen, obwohl in Anliegerstraßen der Vorteil für die angrenzenden Grundstücke den der Gemeinde naturgemäß übersteigt.

Es scheint mir im Falle von Ichtershausen deshalb eindeutig, dass die "neue" Satzung in der vorliegenden Form leider nicht genehmigungsfähig ist. Dies selbst angesichts der Tatsache, dass es zuvor unter den Ichtershäuser Bürgern eine Befragung zur neuen Satzung gegeben hatte.

An dieser Befragung beteiligten sich im letzten Jahr knapp 45 Prozent der Bürger, wobei für eine sofortige Erhöhung der Eigenbeteiligung der Gemeinde 812 Ichtershäuser stimmten (= 56,9 Prozent) und weitere 482 Bürger (= 33,9 Prozent) sprachen sich für eine Erhöhung der Eigenbetiligung der Gemeinde nach Abschluss der letzten beitragspflichtigen Straßen aus.

Für die Beibehaltung der Satzung hatte es seinerzeit lediglich 132 Stimmen (oder 9,6 Prozent Zustimmung) gegeben, was wieder einmal beweist, dass sich die Menschen im Allgemeinen stets eine Senkung der öffentlichen Lasten für die Bürger wünschen - nicht nur im Beitragsrecht.

Rainer Sauer, Jena