DIE GRUNDLAGEN DER BEITRAGSERHEBUNG | TEIL 1 | Zusammengefasst von Dipl-Verw. (FH) Rainer Sauer

( k-info | 03.09.2013 )  -  Für die Bürger der Stadt Jena wurde vor knapp einem Jahrzehnt eine Informationsschrift erstellt, welche die verschiedenen Stufen und Phasen des Verwaltungsverfahrens einer Beitragserhebung etwas näher beleuchtet und beschreibt. Der Erfolg dieser Antworten auf "Häufig gestellte Fragen zur Erhebung von Erschlkießungs- bzw. Straßenbaubeiträge" hat dazu geführt, dass diese Informationsschrift immer weider nachgefragt wird und hier auf "Kommunalabgaben. Info" erstmals in einer für das Internet verallgemeinerten Version für alle Interessenten verfügbar ist.

Bitte beachten Sie, dass dies kein "Leitfaden zur mathematisch korrekten Beitragsberechnung von Beginn an" sein kann, denn Beitragsrecht ist immer an die Betrachtung von Einzelfällen gebunden und bereits ein weiteres, hier nicht erwähntes, Detail kann beitragsrechtllich zu einer veränderten Betrachtungsweise führen. Anliegerbeitragsrecht an sich ist jedoch im Großen und Ganzen ein einfach strukturiertes Rechtsgebiet, das sich seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert zwar partiell geändert hat, dabei aber bis heute bestimmten Grundsätzen unverändert treu geblieben ist.

Allgemeine Bemerkungen

Den Kommunen (= Städte und Gemeinden) in Deutschland werden durch den Bund oder die Länder per Gesetz eine Vielzahl von Aufgaben und Zuständigkeiten im eigenen oder dem übertragenen Wirkungskreis aufgebürdet. So zählt z. B. die Verkehrssicherungspflicht der Städte gem. § 5 Abs. 2 des Bundesfern-straßengesetzes sowie den jeweiligen Straßengesetzen in Verbindung mit § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Regel zum Kreis der Pflichtaufgaben. 

Hierdurch wird für die Kommune und ihre für die Straßenbaulast verantwortlichen Mitarbeiter eine sogenannte "Amtspflicht" begründet, die öffentlichen Verkehrswege in einem Zustand zu halten, welcher verkehrssicher ist. Aus dieser Pflicht heraus ergibt sich, dass die Städte und Gemeinden gehalten sind, die in ihrer Obhut befindlichen Straßen in einem Zustand zu erhalten, der etwaige Regressansprüche gegen sie selbst ausschließt.

Pflichtaufgaben des eigenen Wirkungskreises eigen ist die Tatache, dass von den Kommunen zwar per Gesetz die Ausführung der Verkehrssicherungspflicht gefordert wird, ihnen aber die Art und Weise der Ausführung grundsätzlich frei steht. Aus Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland begründet sich wiederum der sogenannte "Vorbehalt des Gesetzes". Hiernach bedarf es für Eingriffe der staatlichen Gewalt - in unserem Beispiel: der Kommunen - in die Rechtspositionen einer Person - ergo des Bürgers - einer wirksamen und damit den Eingriff legitimierenden Ermächtigungsgrundlage. Eine dieser Grundlagen ist die Abgabenordnung 1977 / AO77. Sie regelt wann und wie sich ein Bürger an Kosten des Staates zu beteiligen hat.

Aus dem Umkehrschluss des § 130 Abs. 2 der AO77 heraus, sind belastende Verwaltungsakte solche, die in bestehende Rechte oder rechtlich erhebliche Vorteile des Bürgers eingreifen, diese Rechte bzw. Vorteile des Bürgers damit beschneiden. Jede Aufforderung zu einer Beitragszahlung stellt somit einen Eingriff des Staates in Rechtspositionen seiner Bürger dar, da Geld zu den rechtlich erheblichen Vorteilen zu zählen ist.

Zunächst ist im Beitragsrecht der öffentlichen Verkehrswege zwischen einer erstmaligen Straßenerschließungsmaßnahme und einer Straßen(aus)baumaßnahme - oft als Wiederherstellung oder Erneuerung - zu unterscheiden. Instandhaltungsmaßnahmen unterliegen keinerlei Beitragspflicht. Damit wird deutlich, dass sich die Möglichkeit einer Beitragserhebung nur für Herstellungsmaßnahmen rechtfertigt, die eine Veränderung des städtischen oder gemeindlichen Anlagevermögens bewirken, also aus dem Vermögenshaushalt zu bezahlen sind bzw. bezahlt werden, denn Instandhaltungsmaßnahmen werden über den Verwaltungshaushalt finanziert.

Finanziert sich die Herstellungsmaßnahme über den Vermögenshaushalt, löst sie automatisch eine Beitragspflicht aus. Für welche Grundstücke bzw. Grundstücks-eigentümer kann jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht gesagt werden. Klar ist aber, dass noch vor der genauen Bestimmung der Abrechnungsanlage und damit des Abrechnungsgebietes, die Gesetzesgrundlage zu klären ist, nach welcher später ein Beitrag erhoben werden soll.

Für die erstmalige engültige Herstellung bzw. Fertigstellung einer zuvor unfertigen öffentlichen Straße, eines Weges oder Platzes sind die Regelungen des Baugesetzbuches den Bundes / BauGB anzuwenden und für eine Erneuerung, Erweiterung, Verbesserung und/oder Anschaffung einer öffentlichen Verkehrsanlage gelten die Regelungen des jeweiligen Kommunalabgabengesetzes. Private Erschließungs- bzw. Verkehrs-anlagen, Straßen, Wege udn Plätze sind daher nicht geeignet, Beitragspflichten nach dem BauGB oder dem KAG auszulösen.

[...wird fortgesetzt...]