BÜRGERINFORMATION | "Die neue Macht der Bürger: Was motiviert die Protestbewegungen?" - Eine Studie von Franz Walter (Hg.)

( k-info + verlagstext | 02.03.2014 )  -  Prof. Franz Walter vom Göttinger Institut für Demokratieforschung hat vor Kurzem eine Studie vorgestellt, die auf eine Initiative der BP Europa SE zurückgeht. Unter dem Titel "Die neue Macht der Bürger: Was motiviert die Protestbewegungen?" untersuchten Walter und sein Forscher-Team die Motive der neuen deutschen Protestbewegungen.

"Als Unternehmen mit vielen tausend Mitarbeitern und täglich rund zwei Millionen Kundenkontakten sind wir in der Mitte der Gesellschaft verankert. Wir spüren, was um uns herum vorgeht; trotzdem wissen wir wenig über die neuen Formen der Bürgerproteste. Das wollen wir mit dieser Studie ändern. Das Phänomen der Bürgerproteste müssen nicht nur wir als Unternehmen verstehen, es muss von unserem Gemeinwesen – also von Politik, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft – verstanden werden. Wir brauchen Antworten auf die Frage: Was treibt unsere Mitbürger in den Protest?", erläuterte Michael Schmidt, Vorsitzender des Vorstands BP Europa SE, den Grund für die Auftragsvergabe.

Ausgangspunkt der Feldstudie bei ganz unterschiedlichen Protestbewegungen im Jahr 2012 war die Feststellung, dass wir Proteste beinahe jeden Tag sehen und doch wenig über sie wissen. Viele Menschen in Deutschland erheben Einspruch. Sie protestieren gegen fossile wie erneuerbare Energien, sie gehen auf die Straße gegen den Ausbau von Flughäfen und Bahnhöfen, sie zelten gegen Kapitalismus und Bankenmacht. Sie gründen Initiativen gegen neue Schulformen, demonstrieren gegen Zensur im Internet und gegen Atomkraft. Die Bundesrepublik ist in Bewegung geraten wie seit den achtziger Jahren nicht mehr. Nur unser Wissen über sie ist gering. Die BP-Gesellschaftsstudie schließt diese Lücke.

Das Göttinger Institut für Demokratieforschung unter der Leitung von Professor Franz Walter hat ein großangelegtes Projekt über Protestbewegungen in Deutschland durchgeführt. Die Sozialwissenschaftler waren dafür im vergangenen Jahr bundesweit unterwegs, beobachteten Demonstrationen, Mahnwachen und Versammlungen, interviewten einzelne Aktivisten vor Ort und führten Gruppendiskussionen durch, um so Beweggründe, Einstellungen und Motive der Aktiven aufzuspüren. Entstanden ist ein tiefer Einblick in die aktuelle Protestlandschaft mit den Aktivisten im Zentrum des Interesses. Was treibt die Protestierenden an? Wer ist überhaupt aktiv? Wie blicken sie auf Politik und Parlament? Wie organisieren sie sich und ihren Protest real? Was sind ihre Wünsche und Utopien? Und was verbinden sie mit Demokratie und Staat, mit Werten wie Freiheit und Gerechtigkeit, nicht zuletzt mit einer "guten Gesellschaft"? So lauteten die übergeordneten Fragen.

Wichtige Ergebnisse im Überblick: Wer sich engagieren will, braucht Zeit,und dies steigend mit dem Grad des eigenen Engagements. Unter den Befragten fanden sich auffällig viele Hausmänner, Teilzeitangestellte, Freiberufler, Pastoren, Schüler, Lehrer und – ganz besonders – Vorruheständler, Rentner, Pensionäre. Die Erziehung von Kindern erschwert ein Engagement in Protestgruppen. Der Protest in Deutschland geht daher vom Milieu der Kinderlosen aus. Zu erwarten ist, dass sich spätestens zwischen 2015 und 2035 Hunderttausende hochmotivierter und rüstiger Rentner mit dem Wissen der in den Jugendjahren reichlich gesammelten Protesterfahrungen in den öffentlichen Widerspruch begeben.